„Zynische Polizeiaktion“ im französischen Baskenland
Empörung über die Verhaftung von fünf prominenten Friedensaktivisten, die Waffen der ETA vernichten wollten
Der Ehrenpräsident der Französischen Liga für Menschenrechte Michel Tubiana griff die spanische und die französische Polizei nach der Festnahme von fünf Personen im französischen Baskenland am vergangenen Freitag scharf an. Bei den Verhafteten handelt es sich um den ehemaligen Präsidenten der Landwirtschaftskammer des französischen Baskenlands Michel Berhocoirigoiny, den Vorsitzende des ökologischen Kollektivs „Bizi! (Leben)“ Jean-Noël Etcheverry, den Winzer Michel Bergougnian, die Journalistin Beatrice Molle und den Kameramann Stéphane Etchegaray. Sie wurden auf einem Bauernhof in Luhuso (franz: Louhossoa), einem kleinen Ort in der Nähe der spanischen Grenze, in der Nähe eines Waffenlagers der ETA festgenommen. Die Aktion der fünf prominenten Persönlichkeiten der Region habe das Ziel gehabt, den Friedensprozess aus seiner Krise zu führen. “Wir wollten den Prozess einen frischen Impuls geben, die Blockade durch die französische und die spanische Regierung überwinden, eine erste Vernichtung von Waffen durchführen und diese den Behörden schicken, erklärte Tubiana, der auch selbst an der Aktion beteiligt war, aber den Ort nicht rechtzeitig erreicht hat.
Die Vernichtung der Waffenlager der ETA wäre ein wichtiger Schritt, um den festgefahrenen baskischen Friedensprozess voranzubringen. Die baskische Untergrundorganisation hat bereits vor fünf Jahren ihren 50-jährigen bewaffneten Kampf für ein unabhängiges Baskenland beendet. Ihre Versuche, ihre Waffenlager mit internationaler Hilfe zu vernichten, scheitern jedoch seit Jahren an der spanischen Regierung, die bisher alle Initiativen ausbremste. Als im Februar 2014 internationale Beobachter das Video eines ersten symbolischen Aktes der Entwaffnung veröffentlichten, wurden sie von der spanischen Polizei an der Ausreise gehindert und verhört. Der südafrikanische Anwalt und Konfliktmoderator Brian Currin bezeichnet dies in einem Interview zum Friedensprozess vom März 2015 als Warnung aus Madrid. Es „sollte damit eindeutig klargemacht werden, wer auch immer sich in die Entwaffnung von ETA einmischt, kann damit rechnen, einen kriminellen Akt zu begehen.“ So steht der Prozess vor der absurden Situation, dass ETA bisher ihre Waffen nicht abgeben kann, weil die spanischen und französischen Behörden dies verhindern.
Die fünf Verhafteten sind im französischen Baskenland bekannte Persönlichkeiten. Ihre Verhaftung stieß auf große Empörung. Politiker aller Parteien der Region mit Ausnahme des rechtsextremen Front Nacional befürworten den Versuch der Friedensaktivisten, Druck auf die Regierungen auszuüben, um den im Oktober 2011 mit der internationalen Konferenz von Aiete begonnenen Friedensprozess weiterzuführen. Am Samstag versammelten sich in Baiona (Bayonne) viertausend Menschen, um gegen die Verhaftung zu demonstrieren. Auch der Bürgermeister von Baiona, der der Mitte-Rechts-Partei Union des Démocrates et Indépendants (UDI) angehört, beteiligte sich an der Demonstration. In einer Twitter-Meldung nannte er die Polizeiaktion „zynisch“ und die Verhafteten „unbestreitbare Friedensstifter“.