Weitere Schritte in Richtung Frieden
Baskische Gesellschaft macht Schritte nach vorn und findet Lösungen im Konsens aller Beteiligten.
Wir hatten bereits berichtet, dass der Friedensprozess im Baskenland und der in der Erklärung von Aiete skizzierte Friedensfahrplan die überwältigende Unterstützung der baskischen Gesellschaft geniesst, in der internationalen Gemeinschaft große Zustimmung erfährt, dass jedoch wichtige Konfliktparteien, die spanische und die französische Regierung, sich bisher dem dringenden Appell der Erklärung von Aiete verweigern, mit ETA über die Folgen des Konflikts zu verhandeln. Ein solcher Dialog ist nötig, weil die Entwaffnung von ETA, der Umgang mit den über 600 konfliktbezogenen Gefangenen in spanischen und französischen Gefängnissen, das Thema der Flüchtlinge, sowie die Demilitarisierung des Baskenlands Fragen sind, für deren Lösung es dringend des Konsenses des Konfliktparteien bedarf.
Die baskische Gesellschaft macht auch in diesen Fragen Schritte nach vorn und findet Lösungen im Konsens aller Beteiligten. Eine führende Rolle spielen dabei die politisch Verantwortlichen der baskischen Provinz Gipuzkoa (span. Guipúzcoa). So gedachten in Donostia (spanisch: San Sebastian), der größten Stadt in der Provinz Gipuzkoa, im Dezember 2012 erstmals in der Geschichte der Stadt alle im Stadtrat vertretenen Parteien gemeinsam aller Opfer von Gewalt. Im Stadtrat vertreten sind die baskische Linkskoalition Bildu, die mit Juan Karlos Izagirre den Bürgermeister stellt, die konservative baskische PNV und die Regionalparteien der beiden großen spanischen Parteien, der sozialdemokratischen PSOE (PSE in der Baskischen Autonomen Gemeinschaft) und der rechten PP.
Der Präsident der Gipuzkoako Foru Aldundia (spanisch: Diputación Foral de Gipuzkoa), des Selbstverwaltungsgremiums der Provinz Gipuzkoa, Martin Garitano Larrañaga, kündigte gestern seine Teilnahme an einer Großdemonstration in Bilbo (spanisch: Bilbao) an, die am Samstag, den 12. Januar 2013, unter dem Motto „Menschenrechte. Lösung. Frieden.“ eine Lösung für die aktuell 606 konfliktbezogenen Gefangenen und ihre Angehörigen fordert. Im Januar letzten Jahres waren mehr als 110.000 Menschen gegen die Sondergesetzgebung auf die Straße gegangen, der die baskischen Gefangenen noch immer unterworfen sind. „Die Politik der Sondergesetze gegenüber den Gefangenen erzeugt nur Schmerz,“ erklärt Garitano und drängt darauf, „dass wir unser Bekenntnis zum Frieden und zur politischen Normalisierung niemals vergessen“.
Kaum jemand in der baskischen Gesellschaft versteht, dass über 200 Gefangene nach gültiger spanischer Gefängnisordnung in Freiheit wären, aber immer noch Haft verlängernden Sondergesetzen unterworfen sind, obwohl ETA ihren bewaffneten Kampfes bereits vor über einem Jahr beendete und die Gefangenen den Friedensprozess unterstützen. Unverständnis herrscht auch darüber, dass die spanische Regierung ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Juli letzten Jahres anficht, in dem der Gerichtshof die Praxis der nachträglichen Haft verlängernden Neuberechnung der Haftdauer für baskische Gefangene (Doktrin Parot) für rechtswidrig erklärt. Fast 70 Gefangene sind von dieser Praxis betroffen. Die Einhaltung strikter Menschenrechtsstandards ist jedoch eine der unverzichtbaren Grundlagen für eine dauerhafte Lösung des Konflikts.